13KGHT73 Über Kreidezähne, Kunststoff und kernige Gesundheit
Über Kreidezähne, Kunststoff und kernige Gesundheit

Über Kreidezähne, Kunststoff und kernige Gesundheit

 

Viele haben noch nie etwas davon gehört und doch gelten sie als neue Volkskrankheit: die sogenannten Kreidezähne. Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Doch über eine von ihnen stolpert jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, immer wieder – den Kunststoff Bisphenol A. Ob es nun einen eindeutigen Zusammenhang zwischen diesem Kunststoff und der Erkrankung gibt, lässt sich aber leider nicht so ohne weiteres beantworten. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema lohnt sich dennoch. Weil Kreidezähne in der Pflege mehr Aufmerksamkeit brauchen und weil es der Gesundheit im Allgemeinen guttut, Kunststoffe und Chemikalien, die der Körper aufnimmt, zu meiden.

 

Was sind Kreidezähne überhaupt?

Kurz gesagt: defekter Zahnschmelz. Im Fachchinesisch heißen Kreidezähne „Moralen-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH)“. Der Zahnschmelz ist demineralisiert und daher viel dünner bzw. weicher als unter normalen Umständen. Zahnschmelz, der von MIH betroffen ist, weist nur ein Zehntel der Härte auf, die ein gesunder Schmelz hat. Betroffene Zähne haben gelbliche oder bräunliche Flecken und reagieren hypersensibel, gerade bei Kontakt mit kalten Speisen oder Getränken. Aber auch andere Reize wie der Druck beim Zähneputzen oder Wärme lösen schmerzhafte Reaktionen aus. Der Umfang der Erkrankung reicht von einem Zahn über ein paar wenige Zähne bis zum ganzen Gebiss. In einer milden Form äußern sich die Kreidezähne in einer rauen, fleckigen Oberfläche, bei schwereren Verläufen kann es zum Absplittern der Zahnoberfläche kommen. Wegen der rauen Oberfläche sind die Zähne zudem besonders kariesanfällig.

Vor allem bei Kindern treten die Kreidezähne immer häufiger auf; überwiegend an den bleibenden Zähnen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sind ca. 10 bis 15 Prozent aller Kinder betroffen. Unter den 12-Jährigen hat jedes dritte Kind (30 %) damit zu tun. In dieser Altersklasse kommt MIH häufiger vor als Karies. Deswegen und wegen steigender Fallzahlen wird MIH als neue Volkskrankheit betrachtet.

 

Welche Ursachen gibt es?

Bisher weiß man das noch nicht genau. Der erste Fall von MIH trat 1987 in Schweden auf; es handelt sich dabei also um eine recht neue Krankheit. Was man aber weiß ist, dass die Entwicklung des Zahnschmelzes ab dem achten Schwangerschaftsmonat beginnt und bis zum vierten Lebensjahr andauert. In dieser Zeit werden Phosphat und Kalzium eingelagert, um den Zahnschmelz auszuhärten. Dieser Prozess funktioniert bei Kreidezähnen nicht richtig. So kommt es, dass der Zahnschmelz weich bleibt und manche der (bleibenden) Zähne schon beim Durchbruch zerstört sind. Die DGZMK schreibt: „Da das Zeitfenster der Bildung der betroffenen Zähne größtenteils postnatal liegt, wird den nachgeburtlichen Einflüssen die größte Bedeutung zugemessen.“

Nach Einschätzungen von Wissenschaftlern liegen mehrere Ursachen den kranken Zähnen zugrunde. Neben der (frühkindlichen) Einnahme von Antibiotika werden Auslöser diskutiert wie Infektionserkrankungen (beispielsweise Windpocken) in den ersten drei Lebensjahren oder Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft. Weiterhin werden chronische Atemwegserkrankungen des Kindes und Vitamin-D-Mangel als Auslöser vermutet sowie Dioxine und Umwelttoxine (Kunststoffbestandteile in Form des Bisphenol A).

Die genaue Erforschung gestaltet sich als schwierig, weil die auslösenden Faktoren beim Auftreten der Kreidezähne oft schon mehrere Jahre zurückliegen. Vermutlich kommen unterschiedliche Faktoren bei der Zahnschmelz-Störung zusammen. Die DGZMK hält deswegen weitere wissenschaftliche Studien für dringend erforderlich, wenn sich die Forschung auch als äußerst schwierig gestaltet. In einer Pressemitteilung schreibt die Gesellschaft, dass „diese für Kinder sehr schmerzhafte Erkrankung eine große Herausforderung für die Zahnmedizin sei.“

 

Kreidezähne durch Bisphenol A?

Ein Zusammenhang zwischen dem starken Auftreten von MIH während der letzten Jahrzehnte und der ebenso wachsenden Verwendung von Plastik scheint zunächst naheliegend. Dass der Kunststoff Bisphenol A (BPA) als mögliche Ursache infrage kommt, ist auf eine amerikanische Studie zurückzuführen, die 2013 im American Journal of Pathology veröffentlicht wurde. Wissenschaftler flößten in Tierversuchen neugeborenen Rattenbabys sowie trächtigen Ratten BPA ein. Später beobachteten die Forscher bei diesen Tieren schwerwiegende Störungen in der Entwicklung des Zahnschmelzes. Somit kann diese Studie Hinweise für einen Zusammenhang zwischen BPA und der Bildung von Kreidezähnen liefern.

2018 hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit dem Thema beschäftigt. Das Institut kam zu dem Schluss, dass dieser Zusammenhang nicht gesichert sei und hält eine entsprechende Verbindung für unwahrscheinlich. Bei der Entstehung von Kreidezähnen müsse man von einem „multifaktoriellen Geschehen“ ausgehen, so das BfR. Hier mag sich nur die Frage stellen, inwieweit durch diese Einrichtung denn nun Risiken bewertet werden. Denn wie im letzten Artikel berichtet, werden auch die Pestizide auf Schnittblumen für unbedenklich erklärt.

Etwas differenzierter geht da ÖKO Test an die Sache und äußerst sich dahingehend, dass sich mit dem aktuellen Stand der Forschung nicht beantworten ließe, inwieweit BPA für kaputte Kinderzähne verantwortlich ist.

Hingegen hält die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein ein vorsorgliches Verbot von BPA für erforderlich. Gudrun Köster, Expertin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale sagt: „Dieser Stoff kann in Verpackungen, Geschirr oder von innen beschichteten Konservendosen enthalten sein. So kann BPA in Lebensmittel und damit in den Körper übergehen.“

Bisher gibt es also mehr Meinungen als Erkenntnisse. Doch Vorsicht ist wohl angebracht, denn BPA ist eben ein künstlicher Stoff mit ungesunden Auswirkungen. Nicht umsonst wurde er 2011 bei der Herstellung von Babyflaschen verboten. Auch wenn ein eindeutiger wissenschaftlicher Beleg für die Verbindung zwischen BPA und Kreidezähnen momentan noch aussteht, kann es nicht schaden, vorsichtiger mit BPA-haltigen Produkten umzugehen.

 

Der Alltags-Kunststoff BPA

Bei BPA handelt es sich um eine Industriechemikalie. Diese wird überwiegend als Grundstoff verwendet, um Polycarbonat-Kunststoffe (transparente, harte Hochleistungskunststoffe), -Harze und -Lacke herzustellen; meist in Kombination mit anderen chemischen Stoffen. BPA wird seit den 60er Jahren eingesetzt und zählt zu den synthetischen Chemikalien, die weltweit am häufigsten verwendet werden.

Das Ungesunde an diesem Stoff ist seine Östrogen-ähnliche Wirkung. Damit ist BPA ein Schadstoff hormoneller Art, der den Hormonhaushalt verändert. Untersuchungen wiesen ihn im Menschen nach – er findet sich im Fruchtwasser und Gebärmuttergewebe sowie im Urin und Blut wieder.

Kein Wunder, denn Polycarbonat kommt in der Produktion für viele Gegenstände des Alltags zum Einsatz. Es steckt in Schnullern, Konservendosen mit Innenbeschichtung, Plastikgeschirr, Kassenbons aus Thermopapier, Vorratsbehältern, Mehrweg-Flaschen und Verpackungen. Von Verpackungen und Konserven wird BPA an Lebensmittel abgegeben. Ein chemischer Prozess (Hydrolyse) sorgt dafür, dass durch die Reaktion mit Wasser das BPA aus der gebundenen Form wieder löslich wird. Die freigesetzte Menge ist dabei von der Machart des Konservenmaterials abhängig. Auch beim Erhitzen oder Erwärmen von Speisen in Kunststoffbehältern, löst sich der Stoff und gelangt in Nahrung. Da heutzutage viele Lebensmittel in Plastik verpackt und aufbewahrt werden, dass Weichmacher enthält, kann man auch von einem vermehrten „mitessen“ von BPA ausgehen.

So vielseitig eingesetzt, ist BPA ist also schwer zu vermeiden und wir alle kommen damit in Kontakt. Diverse Studien veranschlagen eine tägliche Aufnahmemenge – für Kinder und Erwachsene – zwischen 0,03 bis 0,07 Mikrogramm (µg) auf ein Kilogramm Körpergewicht. Bei Säuglingen, die mit der Flasche ernährt werden, liegt dieser Wert bei 0,8 µg. Jedoch wird vermutet, dass BPA noch auf andere Weise aufgenommen wird, als über die Nahrung und dass nicht alle Aufnahmequellen identifiziert sind. Studien, die nicht von der Industrie finanziert sind, weisen BPA in der Luft nach, ebenso im Trinkwasser aus Kunststofftanks, im Staub und Meereswasser. Auch in diesen Stunden wurden Belastungen beim Menschen gefunden – die höchste bei Kindern.

 

BPA meiden – und Kreidezähnen vorbeugen?

Es gilt also, das Risiko gering zu halten; besonders in der Schwangerschaft und im Kleinkindalter sollte BPA möglichst gemieden werden. Vielleicht beugt es Kreidezähnen vor, doch mit Sicherheit ist es für die allgemeine Gesundheit gut:

  • Lebensmittel meiden, die in Plastik verpackt sind, auf Wochenmärkten unverpackt einkaufen und zum Aufbewahren in Glas oder Keramikgefäße nutzen
  • Fruchtmus-Quetschies verbannen. Die sind nicht nur für die Zähne ungesund, wenn kleine Kinder lange daran nuckeln, sondern können auch durch den Plastik-Nuckel chemische Stoffe abgeben, welche die Kinder dann eventuell aufnehmen
  • Babynahrung sollte nicht in Kunststoff-Gefäßen erhitzt werden bzw. Getränke in Flaschen aus Kunststoff. Vor allem, wenn die Schalen oder Flaschen hart und durchsichtig sind, keine Kunststoffart angegeben oder mit einem „PC“ gekennzeichnet ist, lieber Utensilien aus anderen Materialien benutzen
  • Für Babyflaschen – und Lebensmittel generell – ist Glas die beste Alternative. Es lässt nichts durch und verhält sich produktneutral. Deswegen wird auch der Babybrei ausnahmslos in Gläsern angeboten. Um die Flaschen sicher zu transportieren, gibt es entsprechende Schutzhüllen.
  • Zudem sollten die ganz Kleinen (im ersten Jahr) lieber kein Spielzeug aus Plastik bekommen. Schließlich entdecken sie die Welt mit dem Mund. Aus Plastikspielzeug können sich chemische Substanzen lösen. Besonders billiges Spielzeug, dass stark riecht sollte gemieden werden. Spielzeug aus Holz und Stofftiere sind die besseren Alternativen.
  • Den Code kennen: Der Recyclingcode 7 (RE 7) und die Abkürzung „PC“ stehen meist für Polycarbonat. Leider gibt es aber keine Kennzeichnungspflicht, doch wenn es Kunststoffbehälter oder -Verpackungen sein sollen, sind Produkte aus Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) die harmlosere Varianten

 

Konkrete Empfehlungen, um Kreidezähnen vorzubeugen, gibt es bisher nicht, da ja auch die Ursache noch nicht eindeutig geklärt ist. Wichtig ist, jeden Tag die Bambuszahnbürste zu schwingen und gründlich die Zähne zu putzen. Wenn MIH schon aufgetreten ist, sind regelmäßige zahnärztliche Kontrollen notwendig, in einem Rhythmus von drei bis sechs Monaten. Auch ist eine professionelle Zahnreinigung (auch bei Kindern) ratsam. Mitunter empfehlen Zahnärzte ergänzend zur normalen Zahnpasta eine spezielle, die den Zahnschmelz aushärtet und die Schmerzempfindlichkeit reduziert. Müssen Maßnahmen wie Füllen oder Versiegeln ergriffen werden, empfiehlt sich, nach dem Füllmaterial zu fragen bzw. ob BPA darin enthalten ist und welche Alternativen es gibt.

Gut ist auch, wenn Eltern mit ihrem Spross so früh wie möglich zum Zahnarzt gehen. So kann er sich schon mal an die Praxis und die komischen Stühle gewöhnen und merkt, dass da nichts Schlimmes passiert. Spätestens mit dem kompletten Milchzahngebiss zwischen zwei und drei Jahren und dann wieder mit dem Durchbrechen der ersten bleibenden Zähne zwischen fünf und sechs Jahren sind Kontrollen sinnvoll.

Den Zusammenhang zwischen den Kreidezähnen und BPA konnten wir nun auch nicht vollends klären, aber vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Und wir versorgen dich weiterhin mit nachhaltigen Alternativen. Damit deine Lebensmittel plastikfrei bleiben können – und die Zahnpflege auch.

 

 

Quellen:

kreidezahn.de/

zahn.de/zahn/web.nsf/id/pa_ursachen_kreidezaehne.html

umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/chemikalien-reach/stoffgruppen/bisphenol-a#was-ist-bisphenol-a

oekotest.de/kinder-familie/Kreidezaehne-bei-Kindern-Antibiotika-und-Weichmacher-koennten-mitverantwortlich-sein_600732_1.html

 

Viele haben noch nie etwas davon gehört und doch gelten sie als neue Volkskrankheit: die sogenannten Kreidezähne. Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Doch über eine von ihnen stolpert jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt, immer wieder – den Kunststoff Bisphenol A. Ob es nun einen eindeutigen Zusammenhang zwischen diesem Kunststoff und der Erkrankung gibt, lässt sich aber leider nicht so ohne weiteres beantworten. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema lohnt sich dennoch. Weil Kreidezähne in der Pflege mehr Aufmerksamkeit brauchen und weil es der Gesundheit im Allgemeinen guttut, Kunststoffe und Chemikalien, die der Körper aufnimmt, zu meiden.

 

Was sind Kreidezähne überhaupt?

Kurz gesagt: defekter Zahnschmelz. Im Fachchinesisch heißen Kreidezähne „Moralen-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH)“. Der Zahnschmelz ist demineralisiert und daher viel dünner bzw. weicher als unter normalen Umständen. Zahnschmelz, der von MIH betroffen ist, weist nur ein Zehntel der Härte auf, die ein gesunder Schmelz hat. Betroffene Zähne haben gelbliche oder bräunliche Flecken und reagieren hypersensibel, gerade bei Kontakt mit kalten Speisen oder Getränken. Aber auch andere Reize wie der Druck beim Zähneputzen oder Wärme lösen schmerzhafte Reaktionen aus. Der Umfang der Erkrankung reicht von einem Zahn über ein paar wenige Zähne bis zum ganzen Gebiss. In einer milden Form äußern sich die Kreidezähne in einer rauen, fleckigen Oberfläche, bei schwereren Verläufen kann es zum Absplittern der Zahnoberfläche kommen. Wegen der rauen Oberfläche sind die Zähne zudem besonders kariesanfällig.

Vor allem bei Kindern treten die Kreidezähne immer häufiger auf; überwiegend an den bleibenden Zähnen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sind ca. 10 bis 15 Prozent aller Kinder betroffen. Unter den 12-Jährigen hat jedes dritte Kind (30 %) damit zu tun. In dieser Altersklasse kommt MIH häufiger vor als Karies. Deswegen und wegen steigender Fallzahlen wird MIH als neue Volkskrankheit betrachtet.

 

Welche Ursachen gibt es?

Bisher weiß man das noch nicht genau. Der erste Fall von MIH trat 1987 in Schweden auf; es handelt sich dabei also um eine recht neue Krankheit. Was man aber weiß ist, dass die Entwicklung des Zahnschmelzes ab dem achten Schwangerschaftsmonat beginnt und bis zum vierten Lebensjahr andauert. In dieser Zeit werden Phosphat und Kalzium eingelagert, um den Zahnschmelz auszuhärten. Dieser Prozess funktioniert bei Kreidezähnen nicht richtig. So kommt es, dass der Zahnschmelz weich bleibt und manche der (bleibenden) Zähne schon beim Durchbruch zerstört sind. Die DGZMK schreibt: „Da das Zeitfenster der Bildung der betroffenen Zähne größtenteils postnatal liegt, wird den nachgeburtlichen Einflüssen die größte Bedeutung zugemessen.“

Nach Einschätzungen von Wissenschaftlern liegen mehrere Ursachen den kranken Zähnen zugrunde. Neben der (frühkindlichen) Einnahme von Antibiotika werden Auslöser diskutiert wie Infektionserkrankungen (beispielsweise Windpocken) in den ersten drei Lebensjahren oder Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft. Weiterhin werden chronische Atemwegserkrankungen des Kindes und Vitamin-D-Mangel als Auslöser vermutet sowie Dioxine und Umwelttoxine (Kunststoffbestandteile in Form des Bisphenol A).

Die genaue Erforschung gestaltet sich als schwierig, weil die auslösenden Faktoren beim Auftreten der Kreidezähne oft schon mehrere Jahre zurückliegen. Vermutlich kommen unterschiedliche Faktoren bei der Zahnschmelz-Störung zusammen. Die DGZMK hält deswegen weitere wissenschaftliche Studien für dringend erforderlich, wenn sich die Forschung auch als äußerst schwierig gestaltet. In einer Pressemitteilung schreibt die Gesellschaft, dass „diese für Kinder sehr schmerzhafte Erkrankung eine große Herausforderung für die Zahnmedizin sei.“

 

Kreidezähne durch Bisphenol A?

Ein Zusammenhang zwischen dem starken Auftreten von MIH während der letzten Jahrzehnte und der ebenso wachsenden Verwendung von Plastik scheint zunächst naheliegend. Dass der Kunststoff Bisphenol A (BPA) als mögliche Ursache infrage kommt, ist auf eine amerikanische Studie zurückzuführen, die 2013 im American Journal of Pathology veröffentlicht wurde. Wissenschaftler flößten in Tierversuchen neugeborenen Rattenbabys sowie trächtigen Ratten BPA ein. Später beobachteten die Forscher bei diesen Tieren schwerwiegende Störungen in der Entwicklung des Zahnschmelzes. Somit kann diese Studie Hinweise für einen Zusammenhang zwischen BPA und der Bildung von Kreidezähnen liefern.

2018 hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit dem Thema beschäftigt. Das Institut kam zu dem Schluss, dass dieser Zusammenhang nicht gesichert sei und hält eine entsprechende Verbindung für unwahrscheinlich. Bei der Entstehung von Kreidezähnen müsse man von einem „multifaktoriellen Geschehen“ ausgehen, so das BfR. Hier mag sich nur die Frage stellen, inwieweit durch diese Einrichtung denn nun Risiken bewertet werden. Denn wie im letzten Artikel berichtet, werden auch die Pestizide auf Schnittblumen für unbedenklich erklärt.

Etwas differenzierter geht da ÖKO Test an die Sache und äußerst sich dahingehend, dass sich mit dem aktuellen Stand der Forschung nicht beantworten ließe, inwieweit BPA für kaputte Kinderzähne verantwortlich ist.

Hingegen hält die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein ein vorsorgliches Verbot von BPA für erforderlich. Gudrun Köster, Expertin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale sagt: „Dieser Stoff kann in Verpackungen, Geschirr oder von innen beschichteten Konservendosen enthalten sein. So kann BPA in Lebensmittel und damit in den Körper übergehen.“

Bisher gibt es also mehr Meinungen als Erkenntnisse. Doch Vorsicht ist wohl angebracht, denn BPA ist eben ein künstlicher Stoff mit ungesunden Auswirkungen. Nicht umsonst wurde er 2011 bei der Herstellung von Babyflaschen verboten. Auch wenn ein eindeutiger wissenschaftlicher Beleg für die Verbindung zwischen BPA und Kreidezähnen momentan noch aussteht, kann es nicht schaden, vorsichtiger mit BPA-haltigen Produkten umzugehen.

 

Der Alltags-Kunststoff BPA

Bei BPA handelt es sich um eine Industriechemikalie. Diese wird überwiegend als Grundstoff verwendet, um Polycarbonat-Kunststoffe (transparente, harte Hochleistungskunststoffe), -Harze und -Lacke herzustellen; meist in Kombination mit anderen chemischen Stoffen. BPA wird seit den 60er Jahren eingesetzt und zählt zu den synthetischen Chemikalien, die weltweit am häufigsten verwendet werden.

Das Ungesunde an diesem Stoff ist seine Östrogen-ähnliche Wirkung. Damit ist BPA ein Schadstoff hormoneller Art, der den Hormonhaushalt verändert. Untersuchungen wiesen ihn im Menschen nach – er findet sich im Fruchtwasser und Gebärmuttergewebe sowie im Urin und Blut wieder.

Kein Wunder, denn Polycarbonat kommt in der Produktion für viele Gegenstände des Alltags zum Einsatz. Es steckt in Schnullern, Konservendosen mit Innenbeschichtung, Plastikgeschirr, Kassenbons aus Thermopapier, Vorratsbehältern, Mehrweg-Flaschen und Verpackungen. Von Verpackungen und Konserven wird BPA an Lebensmittel abgegeben. Ein chemischer Prozess (Hydrolyse) sorgt dafür, dass durch die Reaktion mit Wasser das BPA aus der gebundenen Form wieder löslich wird. Die freigesetzte Menge ist dabei von der Machart des Konservenmaterials abhängig. Auch beim Erhitzen oder Erwärmen von Speisen in Kunststoffbehältern, löst sich der Stoff und gelangt in Nahrung. Da heutzutage viele Lebensmittel in Plastik verpackt und aufbewahrt werden, dass Weichmacher enthält, kann man auch von einem vermehrten „mitessen“ von BPA ausgehen.

So vielseitig eingesetzt, ist BPA ist also schwer zu vermeiden und wir alle kommen damit in Kontakt. Diverse Studien veranschlagen eine tägliche Aufnahmemenge – für Kinder und Erwachsene – zwischen 0,03 bis 0,07 Mikrogramm (µg) auf ein Kilogramm Körpergewicht. Bei Säuglingen, die mit der Flasche ernährt werden, liegt dieser Wert bei 0,8 µg. Jedoch wird vermutet, dass BPA noch auf andere Weise aufgenommen wird, als über die Nahrung und dass nicht alle Aufnahmequellen identifiziert sind. Studien, die nicht von der Industrie finanziert sind, weisen BPA in der Luft nach, ebenso im Trinkwasser aus Kunststofftanks, im Staub und Meereswasser. Auch in diesen Stunden wurden Belastungen beim Menschen gefunden – die höchste bei Kindern.

 

BPA meiden – und Kreidezähnen vorbeugen?

Es gilt also, das Risiko gering zu halten; besonders in der Schwangerschaft und im Kleinkindalter sollte BPA möglichst gemieden werden. Vielleicht beugt es Kreidezähnen vor, doch mit Sicherheit ist es für die allgemeine Gesundheit gut:

  • Lebensmittel meiden, die in Plastik verpackt sind, auf Wochenmärkten unverpackt einkaufen und zum Aufbewahren in Glas oder Keramikgefäße nutzen
  • Fruchtmus-Quetschies verbannen. Die sind nicht nur für die Zähne ungesund, wenn kleine Kinder lange daran nuckeln, sondern können auch durch den Plastik-Nuckel chemische Stoffe abgeben, welche die Kinder dann eventuell aufnehmen
  • Babynahrung sollte nicht in Kunststoff-Gefäßen erhitzt werden bzw. Getränke in Flaschen aus Kunststoff. Vor allem, wenn die Schalen oder Flaschen hart und durchsichtig sind, keine Kunststoffart angegeben oder mit einem „PC“ gekennzeichnet ist, lieber Utensilien aus anderen Materialien benutzen
  • Für Babyflaschen – und Lebensmittel generell – ist Glas die beste Alternative. Es lässt nichts durch und verhält sich produktneutral. Deswegen wird auch der Babybrei ausnahmslos in Gläsern angeboten. Um die Flaschen sicher zu transportieren, gibt es entsprechende Schutzhüllen.
  • Zudem sollten die ganz Kleinen (im ersten Jahr) lieber kein Spielzeug aus Plastik bekommen. Schließlich entdecken sie die Welt mit dem Mund. Aus Plastikspielzeug können sich chemische Substanzen lösen. Besonders billiges Spielzeug, dass stark riecht sollte gemieden werden. Spielzeug aus Holz und Stofftiere sind die besseren Alternativen.
  • Den Code kennen: Der Recyclingcode 7 (RE 7) und die Abkürzung „PC“ stehen meist für Polycarbonat. Leider gibt es aber keine Kennzeichnungspflicht, doch wenn es Kunststoffbehälter oder -Verpackungen sein sollen, sind Produkte aus Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE) die harmlosere Varianten

 

Konkrete Empfehlungen, um Kreidezähnen vorzubeugen, gibt es bisher nicht, da ja auch die Ursache noch nicht eindeutig geklärt ist. Wichtig ist, jeden Tag die Bambuszahnbürste zu schwingen und gründlich die Zähne zu putzen. Wenn MIH schon aufgetreten ist, sind regelmäßige zahnärztliche Kontrollen notwendig, in einem Rhythmus von drei bis sechs Monaten. Auch ist eine professionelle Zahnreinigung (auch bei Kindern) ratsam. Mitunter empfehlen Zahnärzte ergänzend zur normalen Zahnpasta eine spezielle, die den Zahnschmelz aushärtet und die Schmerzempfindlichkeit reduziert. Müssen Maßnahmen wie Füllen oder Versiegeln ergriffen werden, empfiehlt sich, nach dem Füllmaterial zu fragen bzw. ob BPA darin enthalten ist und welche Alternativen es gibt.

Gut ist auch, wenn Eltern mit ihrem Spross so früh wie möglich zum Zahnarzt gehen. So kann er sich schon mal an die Praxis und die komischen Stühle gewöhnen und merkt, dass da nichts Schlimmes passiert. Spätestens mit dem kompletten Milchzahngebiss zwischen zwei und drei Jahren und dann wieder mit dem Durchbrechen der ersten bleibenden Zähne zwischen fünf und sechs Jahren sind Kontrollen sinnvoll.

Den Zusammenhang zwischen den Kreidezähnen und BPA konnten wir nun auch nicht vollends klären, aber vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Und wir versorgen dich weiterhin mit nachhaltigen Alternativen. Damit deine Lebensmittel plastikfrei bleiben können – und die Zahnpflege auch.

 

 

Quellen:

kreidezahn.de/

zahn.de/zahn/web.nsf/id/pa_ursachen_kreidezaehne.html

umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/chemikalien-reach/stoffgruppen/bisphenol-a#was-ist-bisphenol-a

oekotest.de/kinder-familie/Kreidezaehne-bei-Kindern-Antibiotika-und-Weichmacher-koennten-mitverantwortlich-sein_600732_1.html

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